Do you speak Green?
Nachhaltigkeit, die Weltsprache des Tourismus
Im Brundtland-Bericht der Weltkommission für Umwelt und Entwicklung wurde Nachhaltigkeit definiert als „Entwicklung, die die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, daß künftige Generationen ihre Bedürfnisse nicht befriedigen können“.
Vor 50 Jahren wurde dieses Konzept auf der ersten UN-Umweltkonferenz vorgestellt und heute werden nachhaltige Aktionen in vielen Bereichen umgesetzt, zum Beispiel im Bauwesen, in der Technologie, in der Mobilität, im Lebensmittelsektor, in der Pharmaindustrie, in der Abfallwirtschaft und natürlich auch im Tourismus. Die Nachfrage nach umweltbewussten Unterkünften sowie deren Angebote wachsen beständig. Was aber bedeutet das genau?
Laut einer großangelegten Umfrage der Online-Reiseagentur Booking.com, veröffentlicht am 14. April 2022, beabsichtigen 71 % der über 30.000 befragten Personen aus 32 Ländern und Regionen in den kommenden 12 Monaten nachhaltiger zu reisen. Das ist ein Anstieg von 20 % im Vergleich zu 2021. 81 % gaben an, dass ein nachhaltiger Urlaub für sie wesentlich sei, wobei die aktuellen Nachrichten über den Klimawandel bei ca. der Hälfte zu dieser Entscheidung beigetragen hätten. Außerdem waren 35 % der Teilnehmer der Meinung, dass die Unterkünfte sich für umweltbewusstere Leistungen einsetzen müssten.
Wie die Ergebnisse zeigen, muss das Gastgewerbe nachhaltige Aktionen in verschiedenen Bereichen verwirklichen, um den Anforderungen der Gäste gerecht zu werden. Natürlich dürfen Hotels die Gäste dabei nicht täuschen, indem sie ein irreführendes „grünes Image“ von sich verbreiten.
Welche Strategien können nun aber Hotels, B&Bs, Resorts und Eigentümer von Ferienwohnungen gezielt verfolgen, um als nachhaltig zu gelten und in Einklang mit der Natur und der lokalen Bevölkerung zu agieren?
- Bauweise
Eine ökologische Bauweise sollte die Grundlage aller Gebäude oder Sanierungen darstellen. Dies bedeutet, dass ökologische Baustoffe verwendet werden, die leicht entsorgt werden können und nicht umweltschädlich sind, wie Holz, Stahl, Stein usw. Das Gebäude sollte außerdem mit natürlichen Isolatoren ausgestattet werden, um die thermischen und akustischen Eigenschaften zu verbessern und so den Energieverbrauch zu minimieren.
- Reduzierter Verbrauch
Umweltfreundliche Betriebe müssen Ihren Abfall minimieren und trennen. Außerdem sollte der Verschwendung Einhalt geboten werden, zum Beispiel beim Wechsel der Bettwäsche, beim Verbrauch von Seife und Wasser sowie in der Küche. Der Lebensmittelverschwendung kann etwa durch angepasste Menüs entgegengewirkt werden. Außerdem ist es wichtig, den CO2-Ausstoß zu reduzieren, indem weniger Brennstoff verwendet wird.
- Energieerzeugung
Hoteliers wird empfohlen, die Energie aus erneuerbaren Quellen zu beziehen. Es sollten Anlagen zur Stromerzeugung integriert werden, wie eine Photovoltaikanlage oder ein Windkraftwerk. Durch Solaranlagen kann Sonnenenergie in thermische Energie umgewandelt werden.
- Wassereinsparung
Eine optimierte Wassernutzung spielt in Hotels eine große Rolle. Es können zum Beispiel wassersparende Armaturen angebracht oder Anlagen für die Sammlung von Regenwasser errichtet werden. Das gereinigte Regenwasser wird anschließend beispielsweise zur Bewässerung der Gärten oder für die Toilettenspülungen verwendet.
- Umweltfreundliche Ernährung
Die Wahl der Lebensmittel wirkt sich weitgehend auf unsere Umwelt aus. Wussten Sie, dass eine Kiwi aus Neuseeland bis nach Europa 18.000 km zurücklegt und 1 kg dieser Frucht dabei 25 kg CO2 produziert? Es ist daher sinnvoll, regional einzukaufen und so die Bauern und Lebensmittelproduzenten in der Umgebung zu unterstützen.
- Nachhaltige Mobilität
Hoteliers können die Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel fördern, indem sie die Gäste über die Fahrpläne informieren sowie einen Transferservice zum nächsten Zug- oder Busbahnhof anbieten. Ebenso kann ein direkter Fahrradverleih im Hotel oder eine Partnerschaft mit einem Verleih dienlich sein. Auch Ladesäulen für E-Autos sind empfehlenswert.
- Grüne Aktivitäten
Eine weitere nachhaltige Strategie stellen umweltfreundliche Aktivitäten dar, an denen die Gäste teilnehmen können. Diese können auch in Zusammenarbeit mit lokalen Unternehmen durchgeführt werden und kommen sowohl der Umwelt als auch der Gesellschaft zugute.
Es versteht sich von selbst, dass nicht jede Unterkunft alle Maßnahmen sofort umsetzen kann. Außerdem gilt es zu evaluieren, auf welche Weise und mit welcher Wirkung die Strategien durchgeführt werden. Mit der Hilfe von verschiedenen Klassifikationen und Siegeln fällt es Urlaubern leichter, umweltfreundliche Entscheidungen zu treffen.
Zur Unterstützung des Green Managements in Hotels wurden zahlreiche Förderungen von Stakeholdern eingeführt. Regierungen schaffen gemeinsam mit internationalen Organisationen immer mehr Maßnahmen, um nachhaltige Strategien zu unterstützen. Sich als nachhaltig zu bezeichnen, ist längst nicht mehr genug. Man muss seine Praktiken sichtbar machen, um als authentisch zu gelten.
Wer einen fairen, ethischen und umweltbewussten Urlaub bevorzugt oder anbietet, der trägt zum Nachhaltigkeitskonzept aus dem Jahr 1972 bei. Natürlich reichen die Projekte des Tourismussektors allein nicht aus, um unseren Planeten zu retten, aber wie schon Mutter Teresa von Kalkutta sagte: „Wir fühlen, dass alles, was wir tun, nur ein Tropfen ist im Ozean. Aber wäre dieser Tropfen nicht, so würde er den Ozeanen fehlen.“
Die Biomasseria Lama di Luna liegt inmitten von 210 Hektar unberührter Natur im Herzen Apuliens. Biologisch zertifizierte Olivenhaine, Kirsch- und Mandelbäume sowie Reben umgeben das Bauernhaus, das zu den nachhaltigsten Unterkünfte Italiens zählt. Hier treffen Bio, Umweltbewusstsein und Energieeinsparung auf Feng Shui.
Diese Siegel stehen für Nachhaltigkeit
Booking.com, eine der größten Online-Reiseagenturen weltweit, führte im November 2021 das Programm „Nachhaltig reisen“ („Travel Sustainable“) ein.
Das „EU Ecolabel“ wird von der EU an Unternehmen vergeben, deren Produkte und Dienstleistungen geringe Umweltauswirkungen während ihres gesamten Lebenszyklus aufweisen.
Das Label „Travelife“ ist weltweit anerkannt und wird vom Global Sustainable Tourism Council vergeben. Dabei gibt es verschiedene Stufen. Das Zertifikat „Travel Life Gold“ ist das bedeutendste.
Beim Siegel „Legambiente turismo“ werden die Unternehmen nach verschiedenen Kriterien und Regionen unterschieden. Zu den Kriterien dieser italienischen Zertifizierung zählen Umweltschutz, Wassereinsparung, Abfallreduzierung, Konsum biologischer und regionaler Lebensmittel sowie nachhaltige Mobilität.
Das Südtiroler Qualitätssiegel „KlimaHotel“ beruht auf drei Nachhaltigkeitsprinzipien: Ökologie, Ökonomie und sozio-kulturelle Aspekte. Bei der Vergabe wird ein striktes Protokoll der KlimaHaus Agentur befolgt.
„Alpine Pearls“ ist ein Netzwerk von 27 alpinen Destinationen in Italien, Österreich, Deutschland, Frankreich, Slowenien und der Schweiz, die einen umweltfreundlichen Urlaub in den Bergen ermöglichen.
Die „AITR“ ist die italienische Vereinigung für nachhaltigen Tourismus und besteht aus zahlreichen Reiseagenturen, die sich dem Respekt gegenüber der Umwelt und den Kulturen verschrieben haben. Eine sozial verantwortliche Tourismusentwicklung, bei der die lokalen Gemeinden im Mittelpunkt stehen, wird gefördert.
Das vigilius mountain resort gehört zu den ersten italienischen Unterkünften, die mit dem Siegel „KlimaHotel“ ausgezeichnet wurden. Es liegt auf 1500 m Meereshöhe auf dem Vigiljoch oberhalb von Lana in Südtirol und ist nur mit einer Seilbahn zu erreichen. „Eco, not ego“ lautet das Motto des Architekten Matteo Thun, das sich auch in der Philosophie des Hauses widerspiegelt: null Emissionen, null Kilometer, null Abfall.
Mission impossible
Das Svart wird weltweit das erste Hotel mit einer positiven Energiebilanz, d. h. es erzeugt mehr erneuerbare Energie, als es verbraucht. Das Hotel wurde bereits beim renommierten internationalen Immobilienwettbewerb MIPIM Awards 2021 als „Best Futura Project“ ausgezeichnet.
Das CO2-neutrale Gebäude gilt als ein Wunder der ökologischen Bauweise und wird oberhalb des Polarkreises in Norwegen am Holandsfjordenai-Fjord errichtet. Dieses ehrgeizige, aber durchaus machbare Projekt wird gemäß Nachhaltigkeitsprinzipien realisiert und übernimmt eine Vorbildfunktion für zukünftige Hotels. Das Design basiert auf fünf Säulen: Natur, Nachhaltigkeit, technologische Innovation, Wellness und Achtsamkeit.
Das Hotel entsteht auf sich kreuzenden Holzpfählen im Wasser. Die beinahe 100 Zimmer, die Restaurants und Terrassen werden so angeordnet, dass die Sonnenenergie in jeder Jahreszeit genutzt werden kann. Aus diesem Grund handelt es sich bei dem Gebäude um einen kreisförmigen Stelzenbau, der einen 360°-Panoramablick auf die Natur ermöglicht. Die großen Fenster schützen im Sommer vor den Sonnenstrahlen, so dass keine Klimaanlage notwendig ist. Im Winter ermöglichen Sie eine optimale Sonneneinstrahlung. Das Dach wird mit Solaranlagen ausgestattet, die mit sauberer Wasserkraft hergestellt wurden, wodurch der CO2-Fußabdruck abermals verkleinert wird.
In diesem malerischen Fjord Norwegens, am Fuße des Gletschers Svartisen und des Berges Almlifjellet, entsteht ein höchst energieeffizientes Hotel. Im Vergleich zu einer gleichwertigen Unterkunft, die nach den gängigen Standards errichtet wurde, soll das Svart eine jährliche Energieeinsparung von ca. 85 % verzeichnen.