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Unter Strom – Wie sieht es aus mit dem E-Urlaub?

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So viel sei vorausgeschickt: Bei guter Planung und einem grundlegenden Verständnis für die Technologie der Elektroautos steht einer weiten Urlaubsreise mit dem E-Auto nichts im Wege. Urlauber können also zunächst aufatmen. Trotzdem heißt es für die Dienstleister: ranhalten; denn auch wenn die Infrastruktur aktuell eine solche Reise möglich macht, sind hier noch einige Punkte mit Entwicklungspotenzial, die wir gemeinsam mit unseren Experten von alpitronic beleuchtet haben.

Herr Lohse hat sich kürzlich ein Elektroauto zugelegt. Ein wahres Prachtstück moderner Technologie und seine Vorbereitung darauf, dass ab 2035 in der EU nur noch Elektrofahrzeuge zugelassen werden. Der E-Boom ist deutlich sichtbar, allein China soll bis Ende 2023 80 neue Elektrofahrzeugmodelle auf den Markt bringen.

Mit seinem neuen Auto möchte Herr Lohse eine Reise in den Süden antreten. Von Regensburg bis nach Monterosso in Ligurien sind es rund 835 km. Da eine Fahrt über Autobahnen im Sommer und mit viel Gepäck eine Auswirkung auf die Reichweite seines Autos hat, muss Herr Lohse seine Ladezyklen in kürzeren Abständen einplanen. Die Herstellerinfo zur maximalen Reichweite liegt bei rund 540 km, jedoch sinkt diese trotz Eco-Fahrstil bei einem vollbepackten Auto auf etwa 360 km.

Am Samstag um 9:30 Uhr sind Kinder, Gepäck und Ehefrau im Auto, der Wagen ist auf 100 % geladen und die Reise kann beginnen.

Der erste Ladestopp ist zur Mittagszeit in der Umgebung von Rosenheim geplant, etwa 200 km vom Start entfernt. Mit einer Restreichweite von 20 – 30 % kommt die Familie dort an. Ein wichtiger Tipp für längere Reisen mit dem E-Auto ist es nämlich, den Ladestand möglichst nicht unter 20 % sinken zu lassen – so hat man bei eventuellen Problemen an der geplanten Säule noch Restreichweite für einen Plan B.

Familie Lohse kombiniert indes das „Auftanken“ gekonnt mit einer Mittagspause. Bei kürzeren Ladepausen von 25 – 30 Min. empfiehlt sich die Weiterfahrt ab einem Ladestand von ca. 80 %, denn die Ladedauer von 80 auf 100 % dauert in etwa gleich lang wie von 20 auf 80 %.

Nach weiteren 200 km hat Herr Lohse eine Übernachtungspause bei Brixen eingeplant.
Es lohnt sich hier, sich vorab über die Anzahl der Ladepunkte in der gewünschten Unterkunft zu informieren. Ist das Hotel beliebt, hat aber nur eine Charging Station, ist diese unter Umständen bereits besetzt. Das Hotel von Herrn Lohse hat zehn Ladepunkte, welche untereinander vernetzt sind. Solche smarten Ladelösungen sind vor allem für Hotelbetriebe und Unternehmen von Vorteil, da sie die Ladeleistung individuell anpassen können. Vernetzte Wallboxen werden beispielsweise von einer zentralen
Einheit gesteuert. Diese reguliert je nach Anzahl der Autos im System, wie viel Strom fließt, oder
richtet die Ladezyklen so ein, dass die Boxen nacheinander arbeiten.

Familie Lohse kann also das Abendessen genießen und in die kuschligen Betten fallen, während sich das Auto für den nächsten Fahrtag belädt.

Der nächste Tag, an dem Familie Lohse das gewünschte Reiseziel gegen Abend erreichen möchte, sieht ähnlich aus: Rund 250 km bis zum ersten Ladestopp zur Mittagszeit und anschließend den Rest der Strecke bis zum Hotel am Meer. Doch dieses Mal wird es weit weniger entspannt als am Tag zuvor: Kurz vor der Mittagspause steht Familie Lohse vor einem Problem und Herrn Lohse der Schweiß auf der Stirn. Die geplante Autobahnausfahrt für ihren Ladestopp ist geschlossen. Seine Frau gibt sich die größte Mühe, schnell einen alternativen Ladepunkt in der Umgebung zu finden. Herr Lohse, beziehungsweise das Auto
selbst, drosselt indes seine Geschwindigkeit auf ein Minimum, um die verbleibende Batterie zu schonen. Was, wenn er es nicht mehr rechtzeitig zur Ladesäule schafft, auf der Autobahn liegen bleibt und damit einen Stau verursacht? Mobile Ladegeräte werden vom ADAC wohl erst in Umlauf gebracht, wenn die Anzahl der Elektroautos auf den Straßen deutlich höher ist, und die Regelung, dass E-Autos an einem Stau vorbeifahren dürfen, gibt es nur in einigen wenigen Orten. Aber im Grunde ist Liegenbleiben mit dem E-Auto nicht wahrscheinlicher als mit einem Verbrenner, denn langsam fahren, Stop & Go oder auch der Stillstand mit laufender Klimaanlage bedeuten mit Elektromotor meist weit weniger Verbrauch. Also schaffen sie es trotz des geringen Ladestandes und einem nicht unwesentlichen Umweg zur neuen Ladesäule. Der Rest der Strecke verläuft wieder problemlos und das Auto wird im Hotel in Monterosso
wieder an die Steckdose gehängt.


Tipps wie E-Auto-Urlaub gefördert werden kann

Smarte Ladesysteme einrichten:
Diese sind zwar in der Anschaffung etwas teurer als einzelne Ladepunkte, sparen aber durch die intelligente Vernetzung vieles ein.

Preisvorteile für Grünreisende anbieten:
Gibt es bei Ihnen schon grüne Rabatte? Nein? Na dann, nichts wie los – der Dank der Natur hält sich meist nur im Stillen. Belohnungen für umweltfreundliches Handeln sind deshalb absolut gewünscht.

Eigene Parkplätze vorsehen:
Und zwar nicht nur mit Ladesäule. Verbrenner dürfen wegen der Abgase nicht an der Hauswand parken? Warum also diese Plätze nicht für Fahrzeuge mit Elektromotor vorsehen?

Als Vorbild fungieren:
Egal ob für Mitarbeiter oder Hotelgäste, wenn der unternehmensinterne Fuhrpark mit E-Autos bestückt wird, kann die Leidenschaft für solche Fahrzeuge überspringen. Wie wäre es mit einem Dienstfahrzeug mit Elektroantrieb, welches die Mitarbeiter gegen eine kleine Gebühr auch in ihrer Freizeit nutzen können?

E-Auto-Touren organisieren:
Geführte Touren mit diversen Rennwägen kennt man. Doch eine gemeinsame Runde mit einem schnittigen Elektrofahrzeug ist neu, spannend und überzeugt vielleicht sogar den ein oder anderen E-Auto-Muffel.

Das Personal schulen:
Die Ladestation aufbauen allein reicht nicht. Passt der Adapter des Gastes? 11 oder 22 kW? Was ist ein Typ-2-Stecker? Was ist der Unterschied zwischen Schnell- und Standardladesäulen? Je besser Sie und Ihre Mitarbeiter auf die Nutzung der Ladesäulen vorbereitet sind, desto angenehmer wird es für den Gast.


Lademanagement – reicht der Strom?

Das ganze Hotel muss mit Strom versorgt werden, bleibt da noch genug übrig, um mehrere Elektrofahrzeuge aufzuladen? Hierfür gibt es neben dem Stromzukauf zwei Möglichkeiten: Eine Variante ist es, ein Maximum an kW inklusive Puffer zur Verfügung zu stellen. Sind die Ladepunkte an diesem Maximum angelangt, kann nicht mehr verbraucht werden. Die andere Variante ist, dass das Ladesystem dynamisch auf die aktuelle Stromauslastung reagieren kann und nur den Anteil abgreift, der gerade frei ist. So kann ebenfalls eine Überlastung verhindert werden. Der Nachteil dabei ist sicherlich, dass Ladezyklen unter Umständen weniger planbar sind und den Hotelgästen auf diese Weise nicht immer eine spontane Aufladung auf 100 % in kurzer Zeit garantiert werden kann.

Schon gewusst?

Zur Förderung der Elektromobilität werden nicht nur Vergünstigungen oder Steuererleichterungen angewandt. In vielen Einkaufszentren oder Parkhäusern werden die besten Parkplätze für E-Autos ausgewiesen und in Städten wie Hamburg oder München dürfen E-Autos in der Innenstadt sogar eine Zeit lang kostenlos parken. In Essen und Karlsruhe hingegen heißt es freie Fahrt auf der Busspur und auf der Inntal-Autobahn können E-Autos* mit 130 km/h dahinsausen, während sich alle anderen an Tempo 100 halten müssen.

*mit grünem Kennzeichen (Österreich) und E-Kennzeichen (Deutschland). Bei E-Autos mit normalem Kennzeichen kann ein Strafzettel mit Verweis auf das Fahrzeug annulliert werden.

Ein Blick in die Geschichtsbücher

Das erste Elektrofahrzeug war eine vierrädrige Kutsche, welche bereits Ende des 19. Jahrhunderts entwickelt wurde und vermutlich der erste elektrisch angetriebene PKW war. Der „Flocken Elektrowagen“ von Andreas Flocken war aus Holz gebaut und rund 400 kg schwer. Mit einer Maximalgeschwindigkeit von 15 km/h schaffte er immerhin eine Reichweite von etwa 25 km, sodass der Entwickler von seinem Heimatort Coburg fast bis zu seinem eigenen Wasserkraftwerk in Redwitz fahren konnte, wo er das Gefährt wieder aufladen konnte. Übrigens: Die erste Person die es geschafft hat schneller als 100 km/h zu fahren, tat dies um 1899 ebenfalls in einem Elektrofahrzeug.

Nach diesen ersten Erfolgen gab es einen kurzen Entwicklungstrend, bei dem auch Thomas Edison ein eigenes Elektromobil, den „Edison Baker“, auf die Straße brachte. Anschließend wurde der Elektromotor um 1910 von den Verbrennungsmotoren weitgehend vom Straßenbild verdrängt. Zu einem Durchbruch in der Elektromobilentwicklung kam es erst wieder 1973, als der Chemiker Stan Whittingham die erste wiederaufladbare Lithium-Ionen-Batterie herstellte. In den 90er Jahren wurde dann die Konstruktion von Elektrofahrzeugen wieder vorangetrieben und 1997 von Daimler-Benz ein E-Auto zur Serienreife gebracht. Dieses hatte eine Reichweite von 200 km, kam aber aufgrund einer Lockerung der damaligen Luftverschmutzungsgesetze nie auf den Markt.

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